Hintergrundbild §34a-Lexikon

Nothilfe

Nothilfe ist die Notwehr für Dritte. Wer einen anderen vor einem gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriff schützt, darf wie in der Notwehr handeln (§ 32 StGB). Im Sicherheitsdienst bedeutet das: Eigensicherung zuerst, verhältnismäßig vorgehen, Maßnahmen dokumentieren.

Voraussetzungen (Kurzcheck)

  • Angriff: auf Rechtsgut einer dritten Person
  • Gegenwärtig: unmittelbar bevorstehend, laufend oder noch fortwirkend
  • Rechtswidrig: kein Rechtfertigungsgrund des Angreifers
  • Erforderlich: mildestes wirksames Mittel wählen
  • Geboten: keine sozialethischen Einschränkungen (krasses Missverhältnis, Kinder/erkennbar Schuldlose etc.)
  • Hilfe-/Verteidigungswille: Handeln zum Schutz des Angegriffenen

Typische Mittel

  • Ansprache/Deeskalation, Abstand schaffen, Täteransprache
  • Abdrängen/Blocken, Trennung der Parteien
  • Platzverweis auf Basis Hausrecht
  • Hilferuf/Polizei, Erste Hilfe, Notrufkette
  • In Extremfällen: körperliche Gegenwehr – nur wenn erforderlich

Praxisablauf (Schema)

  1. Lage erfassen (Eigensicherung, Fluchtwege, Beteiligte, Gefahrenmittel).
  2. Ansprechen & deeskalieren; klare Handlungsaufforderung.
  3. Trennen/Sichern der betroffenen Person, ggf. Platzverweis.
  4. Wenn nötig: körperliche Maßnahmen bis zur Beendigung des Angriffs.
  5. Nachphase: Erste Hilfe, vorläufige Festnahme (§127 StPO) prüfen, Polizei rufen.
  6. Dokumentation im Vorfallbericht / Schichtbericht.

Grenzen & Irrtümer

Grenzen (Gebotenheit)

  • Krasses Missverhältnis vermeiden (z. B. schwere Gewalt gegen leichte Beleidigung).
  • Angreifer offenkundig schuldlos (Kind, Bewusstloser) → nur schonende Mittel.
  • Notwehrexzess vermeiden: Grenzen beachten.

Häufige Irrtümer

  • „Immer stärker zurückschlagen“ – falsch: es gilt das mildeste wirksame Mittel.
  • „Nur Polizei darf eingreifen“ – falsch: Jedermannsrechte & Nothilfe erlauben rechtmäßiges Einschreiten.
  • „Pfefferspray ist immer okay“ – falsch: nur bei Notwehr/Nothilfe und gemäß Dienstanweisung.

Besonderheiten im Sicherheitsdienst

Praxisbeispiel

Im Eingangsbereich bedrängt Person A eine Besucherin körperlich. Der Sicherheitsmitarbeiter stellt sich zwischen die Personen, fordert A deutlich zum Unterlassen auf und begleitet ihn bei Weigerung nach Platzverweis nach draußen. A schlägt um sich – der Mitarbeiter blockt und fixiert kurzzeitig, bis der Angriff beendet ist. Polizei wird gerufen, §127 StPO geprüft, alles wird im Vorfallbericht dokumentiert.

Merksatz: Schützen statt schaden: mildestes wirksames Mittel, bis der Angriff endet – sicher, rechtmäßig, dokumentiert.

Verwandte Begriffe: Notwehr, Notwehrexzess, Jedermannsrechte, Festnahmerecht (§127 StPO), Deeskalation, Täteransprache, Hausrecht, Pfefferspray, Dokumentation.

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