Nothilfe ist die Notwehr für Dritte. Wer einen anderen vor einem gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriff schützt, darf wie in der Notwehr handeln (§ 32 StGB). Im Sicherheitsdienst bedeutet das: Eigensicherung zuerst, verhältnismäßig vorgehen, Maßnahmen dokumentieren.
Voraussetzungen (Kurzcheck)
- Angriff: auf Rechtsgut einer dritten Person
- Gegenwärtig: unmittelbar bevorstehend, laufend oder noch fortwirkend
- Rechtswidrig: kein Rechtfertigungsgrund des Angreifers
- Erforderlich: mildestes wirksames Mittel wählen
- Geboten: keine sozialethischen Einschränkungen (krasses Missverhältnis, Kinder/erkennbar Schuldlose etc.)
- Hilfe-/Verteidigungswille: Handeln zum Schutz des Angegriffenen
Typische Mittel
- Ansprache/Deeskalation, Abstand schaffen, Täteransprache
- Abdrängen/Blocken, Trennung der Parteien
- Platzverweis auf Basis Hausrecht
- Hilferuf/Polizei, Erste Hilfe, Notrufkette
- In Extremfällen: körperliche Gegenwehr – nur wenn erforderlich
Praxisablauf (Schema)
- Lage erfassen (Eigensicherung, Fluchtwege, Beteiligte, Gefahrenmittel).
- Ansprechen & deeskalieren; klare Handlungsaufforderung.
- Trennen/Sichern der betroffenen Person, ggf. Platzverweis.
- Wenn nötig: körperliche Maßnahmen bis zur Beendigung des Angriffs.
- Nachphase: Erste Hilfe, vorläufige Festnahme (§127 StPO) prüfen, Polizei rufen.
- Dokumentation im Vorfallbericht / Schichtbericht.
Grenzen & Irrtümer
Grenzen (Gebotenheit)
- Krasses Missverhältnis vermeiden (z. B. schwere Gewalt gegen leichte Beleidigung).
- Angreifer offenkundig schuldlos (Kind, Bewusstloser) → nur schonende Mittel.
- Notwehrexzess vermeiden: Grenzen beachten.
Häufige Irrtümer
- „Immer stärker zurückschlagen“ – falsch: es gilt das mildeste wirksame Mittel.
- „Nur Polizei darf eingreifen“ – falsch: Jedermannsrechte & Nothilfe erlauben rechtmäßiges Einschreiten.
- „Pfefferspray ist immer okay“ – falsch: nur bei Notwehr/Nothilfe und gemäß Dienstanweisung.
Besonderheiten im Sicherheitsdienst
- Eigensicherung vor Fremdsicherung: Backup, Deckung, Abstand, Nie allein in Hochrisikolagen.
- Hausrecht konsequent nutzen (Aufforderung, Platzverweis, Begleitung).
- Kommunikation mit Leitstelle (5W-Schema), Lagemeldungen.
- Beweissicherung & Dokumentation (Zeiten, Beteiligte, Maßnahmen).
Praxisbeispiel
Im Eingangsbereich bedrängt Person A eine Besucherin körperlich. Der Sicherheitsmitarbeiter stellt sich zwischen die Personen, fordert A deutlich zum Unterlassen auf und begleitet ihn bei Weigerung nach Platzverweis nach draußen. A schlägt um sich – der Mitarbeiter blockt und fixiert kurzzeitig, bis der Angriff beendet ist. Polizei wird gerufen, §127 StPO geprüft, alles wird im Vorfallbericht dokumentiert.
Hinweis: Diese Darstellung ersetzt keine Rechtsberatung. Maßgeblich sind die gesetzlichen Regelungen (u. a. § 32 StGB) und die Dienstanweisungen vor Ort.
Verwandte Begriffe: Notwehr, Notwehrexzess, Jedermannsrechte, Festnahmerecht (§127 StPO), Deeskalation, Täteransprache, Hausrecht, Pfefferspray, Dokumentation.
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